BIKINI KILL
Liebe Bikini Kill Ticketinhaber,
Es hat sich gerade eine kleine Chance auf einen Nachholtermin im späten
Sommer aufgetan. Behaltet also gerne noch Euer Ticket, bis Ihr wieder
von uns hört. Es ist Euch natürlich auch weiterhin freigestellt, dass
Ihr Euer Ticket zurückgebt.
---
Dear Bikini Kill ticket holders,
There is a small chance that we can postpone this show to a date later
this summer. So if you haven't returned your ticket yet it might be
worth keeping it for some more time. We will update you on this as soon
as we know more. Of course you can still return your ticket anytime you
like.
BIKINI KILL
Nach wenigen Reunion-Shows in New York, Los Angeles und London 2019, kommen Bikini Kill nach knapp 25 Jahren für zwei Termine wieder nach Deutschland.
Doch nochmal kurz zur Erinnerung: Bikini Kill war das Quartett um Kathleen Hanna, welches mit Billy Karren an der Gitarre, Kathi Wilcox am Bass und Tobi Vail am Schlagzeug, um 1990 von Olympia, Washington aus, dieses Über-Ding namens Riot Grrrl losgetreten hatte. Zusammen mit Bands wie Team Dresch, 7 Year Bitch, Huggy Bear oder auch Sleater-Kinney revitalisierten Bikini Kill das Post-Punk-Erbe der Raincoats, The Slits und X-Ray Spex und spielten einen schepprigen LoFi-Punkrock mit mantra-artigen Singalongs. Angetrieben von einem D.I.Y / Fanzine-Ethos breitete sich Riot Grrrl als rapide graswurzelwuchernde Parallelbewegung zum just stattfindenden und männlich-weiß dominierten Grunge aus, wie er kurz zuvor in Seattle entstanden war. Doch jenseits des identitätsstiftenden Momentums gab Riot Grrrl der weiblichen Rockmusik die Würde und die Wut zurück, und spülte ganz nebenbei die Forderungen und Thesen des Third-wave Feminism aus den Universitäten in die Jugendzentren, Clubs und in die Medien. Doch Riot Grrrl positionierte sich nicht bloß entschieden gegen patriarchale Gewalt, Mißbrauch, Homophobie, hegemoniale Unterdrückung, klassizistischer und rassistischer Diskriminierung, sondern formulierte reziprok ein positives Identifikationsgefüge zwischen Girl Solidarity und Female Empowerment. Und Bikini Kill lieferten dazu den perfekten Soundtrack.
Kathleen Hanna war es übrigens auch, die die Stilvorlage zu Nirvanas größtem Hit lieferte. Als sie Kurt smells like Teen Spirit nach einer durchzechten Nacht an die Wand von Cobains WG-Zimmer sprühte, war von Hype noch lange nichts zu ahnen. Doch nach plötzlichem Erfolg von Nevermind inklusive Charteinstieg und MTV-Dauerrotation, endete die kurze Eruption in bekannter Tragödie. Und Grunge blieb nur noch, seinem jähen Ende als weinerliche Rockmusik à la Pearl Jam und Smashing Pumpkins entgegen zu siechen.
Dass auch befreundete Bands wie Courtney Love's Hole oder Babes in Toyland in diesem Zuge in die Fänge der Majorplattenfirmen geraten waren (und dort langsam ausbluteten), war ein weiterer Teil der Misere und multiplizierte die mediale Aushöhlung von Riot Grrrl als Bewegung, und unterminierte deren ideologische und identitätspolitische Schlagkraft. Grund genug für Hanna den Kurs zu wechseln und das Erfolgsmodell Bikini Kill gegen Ende der Neunziger ad acta zu legen. Die Rockismen wurden abgestriffen und nach kurzer Soloexkursion als Julie Ruin (welche in Bandform als The Julie Ruin 2010 u.a. mit Kathi Wilcox wieder aufgelegt wurde) gründete Hanna mit Sadie Benning und Johanna Fateman 1998 Le Tigre. Soundtechnisch kam Le Tigre nun als zeitgemäßes Electro-Rock Outfit daher - unverändert blieb jedoch die Message: in manifester Direktheit formulierte Hanna auch weiterhin ihre Kritik an Machtverhältnissen, Ungleichheiten und Bullshit, und so wurden Le Tigre zum Sprachrohr einer – seit dem Ende von Riot Grrrl – sich neu formiert habenden LGBTI-Community, die sich mit singulären Gendervorstellungen ebenso wenig identifizieren wollte, wie mit der Eindimensionalität des Rock.
Doch wo auch immer man Kathleen Hanna in der Rock'n'Roll Hall of Fame nun genau verortet, nicht von der Hand zu weisen ist, dass der Impact, den sie mit ihren Projekten seit den frühen Neunziger Jahren auf Musik- und Subkulturen gehabt hat, von dort auch immer wieder den Weg in den kulturellen Mainstream gefunden hat. Gegenwartsphänomene wie MeToo, Pussy Riot, Chelsea Manning und Greta Thunberg lassen sich definitiv nur im Gegenlicht des Xerox-Kopierers betrachten, mit dem Kathleen Hanna ihre ersten Fanzines kopiert hat, und mit denen die Grundlage einer Bewegung entstanden ist, die heute noch ebenso relevant ist, wie 1991.